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Mittwoch, 25. Oktober 2023

Initialmaßnahmen und Selbstheilungskräfte der Gewässer

 Die europäische Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) schreibt für Fließgewässer einen guten ökologischen Zustand vor. Schon im Jahr 2000 trat sie in Kraft. Bis 2015 sollten die Maßnahmen an den Flüssen und Bächen durchgeführt sein. Dann wurde bis 2021 verlängert. Und jetzt noch einmal bis 2027. Die Gemeinde Weilrod hat schon viele Maßnahmen an Weil, Sattelbach und Laubach umgesetzt. Darauf wies Bürgermeister Götz Esser bei der Veranstaltung der Umweltgruppe der Lokalen Agenda 21 Weilrod am Mittwochabend unter dem Motto „Die Zukunft unserer Bäche - Entwässerungsgraben oder renaturierter Bach?“ im Dorfgemeinschaftshaus von Riedelbach hin. Und auch in den nächsten Jahren bis 2027 will die Gemeinde insgesamt 360.000 € (für Maßnahmen der WRRL: 2024 50.000,- €, 2025 70.000,- €, 2026 70.000,- €, 2027 70.000,- €, für Grundwasserneubildung 2024 50.000,- €, für Maßnahmen aus Klimaschutzkonzept 2024 50.000,- ) für die Renaturierung oder auch Neuanlage von Gewässern investieren. Dazu gehört unter anderem die Entfernung von Wanderhindernissen wie das Wehr im Bereich der Einmündung des Eichelbachs in die Weil, oder die Neuanlage von Himmelsteichen. Hinzu komme der Umbau des Durchlassbauwerks für den Niedgesbach im Bereich eines Autohauses in Finsternthal. Die Umweltgruppe hatte dazu auch mehrere Fachleute eingeladen. Dezernatsleiterin Michaela Tremper vom Dezernat Oberflächenwässer beim Regierungspräsidium Darmstadt, Abteilung Umwelt in Wiesbaden, ging kurz auf den „Paradigmenwechsel“ ein, der damals mit der WRRL stattgefunden habe. Bis dahin habe der Nutzen der Gewässer für den Menschen im Vordergrund gestanden. Seitdem werde die ökologische Gewässerfunktion in den Vordergrund gestellt. Lukas Piske aus ihrem Dezernat stellte kurz das Gewässerentwicklungskonzept vor, in dem die unterschiedlichen Maßnahmen aufgelistet sind. „Wir müssen dabei aber alle Leute mit ins Boot holen, zum Beispiel Kompromisse beim Hochwasserschutz eingehen“, betonte er. „Ein Bach ist so lebendig, wie man ihn lässt“, so Piske. Dabei „nage“ das Gewässer an seinem Bett und an Wanderhindernissen, die manchmal auch umflossen würden. Thomas Golla, Leiter des Fachbereichs Wasser- und Bodenschutz beim Hochtaunuskreis, ging auf die Gewässerunterhaltung ein: „Die Sicherung eines ordnungsgemäßen Wasserabflusses bedeutet nicht das Räumen und Auskehren des Bachbettes“. Bei der Renaturierung von Gewässern werde möglichst ein Planfeststellungsverfahren vermieden, manchmal könne sogar auf ein Plangenehmigungsverfahren verzichtet werden. Denn viele kleinere Maßnahmen gehörten zur Unterhaltung der Fließgewässer dazu, wie beispielsweise das Entfernen der Stückung und das Einbringen von Störsteinen oder Totholz. Als Praktiker war Gottfried Lehr, Büro für Gewässerökologie, Bad Vilbel, angereist. Er zeigte Beispiele aus seiner Praxis. „Ein Fluss heißt so, weil er fließt und nicht eine Kette von Stauseen ist“, bedauerte er die frühere Anlage von zahlreichen Stauwehren in Flüssen und Bächen. Außerdem befürwortete er die Beschattung von Gewässern, die dadurch einige Grad kühler seien als besonnte Fließgewässer. Wenn ein Gewässer zu warm sei, komme es zu Fischsterben und Algenentwicklung. Gewässerausbau heute bedeute, durch Initialmaßnahmen die Selbstheilungskräfte der Natur in Gang zu setzen. Dabei sei Tiefenerosion, die man möglichst vermeiden wolle, ein Gegenspieler zur Breitenerosion, für die einem Gewässer allerdings mehr Platz eingeräumt werden müsse. Dabei müsse man Eigendynamik zulassen. Dazu gehöre auch, dass Biber ihre Dämme bauen, was sie vor ihrer Ausrottung in Hessen immer gemacht hätten. Der große Nager trage auch dazu bei, Auwälder zu verjüngen. „Wir müssen lernen in Systemen zu denken“, betonte er und sich nicht auf eine Tierart zu konzentrieren. In der anschließenden Diskussion, die von Thomas Götz von der Umweltgruppe moderiert wurde, beteiligten sich zahlreiche der rund 50 Zuhörer. Hierbei kam auch immer wieder das Trockenfallen der Weil zur Sprache, für das auch Tremper keine Patentlösung hatte, da hier zu viele Faktoren (Geologie, Grundwasserentnahmen, Drainagen, häufige Kreuzung der Weil durch den Abwasserkanal, Undichtigkeiten im Abwasserkanal u.a.m.) zusammenkämen. Auch das Für und Wider von Wehren wurde andiskutiert. Denn gerade beim Trockenfallen könnten sich hier Rückzugsgebiete bilden. Andererseits sorgen Wehre für eine Entmischung der Geschiebe, der Sauerstoffgehalt sinkt ab, Kiesbänke, die Kinderstuben vieler Fische gebe es nicht mehr, die Temperatur steige. Aber auch die diffusen Einträge aus der Landwirtschaft an Pflanzenschutzmitteln und Feinsedimenten kamen zur Sprache, die sich dann besonders in Stillwasserbereichen ablagern und dort zu Problemen führen. Hier könnten Gewässerrandstreifen sinnvoll sein, ergänzte Golla. Hier könne natürliche Sukzession stattfinden. Allerdings müssten sie entweder angekauft werden oder eine Entschädigung gezahlt werden oder höhere Aufwendungen für die Pflege vergütet werden. Tremper gab den Tipp, doch mal in den Katasterkarten nach den Breiten der Gewässerparzellen zu schauen, die oft breiter seien, als das Gewässer selbst.(sn)


Weiterführende Informationen:

www.flussgebiete.hessen.de

https://wrrl.hessen.de



Lukas Piske, Gottfried Lehr, Michaela Tremper, Thomas Golla und Bürgermeister Götz Esser standen Rede und Antwort zum Thema Gewässer