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Freitag, 14. Oktober 2022

Weilrod in Wassernot? - Der Abend

 

Dr. Georg Mittelbach (von links), Thomas Götz, Götz Esser und Dr. Hans-Otto Wack berichteten aus ihren Fachgebieten zum Thema Wasser. 

Riedelbach. Für die Zukunft muss im Hinblick auf die Wasserversorgung umgedacht werden. Vorbild können Wassermangelgebiete sein, wo beispielsweise kein Trinkwasser das Klo 'runtergespült wird. Dies war das Fazit der Vortrags- und Diskussionsveranstaltung unter dem Titel „Weilrod in Wassernot?“ am Mittwochabend. Rund 60 Interessierte waren auf Einladung der Umweltgruppe der Lokalen Agenda 21 Weilrod ins Dorfgemeinschaftshaus von Riedelbach gekommen, um zu hören, was Fachleute zu diesem Thema zu sagen haben. Weilrods Bürgermeister Götz Esser, Dr. Georg Mittelbach, Hydrogeologe im Hessischen Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG), Dr. Hans-Otto Wack, Ökologe und Naturschützer, sowie Thomas Götz, Hessenforst, berichteten über den jeweiligen Sachstand und wagten einen Blick in die Zukunft. „Wir wollen das Thema Wassermangel auf Weilrod bezogen darstellen“, begrüßte Götz als Mitglied der Umweltgruppe die Zuhörer. Um anschließend das Thema Wassermangel aus Sicht des Forstes darzustellen. In den drei Dürrejahren 2018 bis 2020 seien im Forstamtsbezirk Weilrod 90 Prozent der Fichtenbestände verloren gegangen, was hier 10 Prozent der bewirtschaften Waldfläche ausmache. Auch bei den Buchen gebe es mittlerweile eine dramatische Situation, nur die Eiche komme noch recht gut mit den geänderten Niederschlagsverhältnissen zurecht. Zugleich komme es vermehrt zu Starkregen. Der Forst reagiere darauf mit einer strengen Einhaltung der Rückegassen, um die Bodenverdichtung auf diese für die Maschinen nötigen Bearbeitungswege zu beschränken. Außerdem würden das Wasser aus den Wegegräben in Versickerungsmulden abgeleitet und Wasserkleinbiotope geschaffen. Beispielsweise habe Hessenforst im Wintersteingebiet 200 solcher Tümpel gebaut. „Das ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein“, betonte Götz. Ein netter Nebeneffekt sei, dass diese Tümpel beispielsweise für Amphibien wie die geschützte Gelbbauchunke Laichgewässer seien. Bei der Wiederbewaldung der Kahlflächen setze Hessenforst auf jeweils mindestens vier klimafeste Baumarten. Entscheidend für die Baumartenwahl sei der Geländewasserhaushalt. Hinzu kämen weitere Arten, die sich durch natürliche Sukzession einstellten. „Mit intelligenter Wasserführung können wir Starkregen besser managen“, so Götz. Aber Wasserspeicherung sei nur eingeschränkt möglich, am ehesten allerdings noch in intakten Waldflächen. Bürgermeister Götz Esser blickte kurz zurück. Vor etwa 25 Jahren hätten seine Vorgänger damit begonnen, in eine autarke Wasserversorgung zu investieren. Auch in den vergangen fünf Jahren habe die Gemeinde noch einmal 1,6 Millionen Euro in die Hand genommen, um beispielsweise eine Ringleitung in Weilrod weiter zu bauen, marode Leitungen auszutauschen oder digitale Wasserzähler anzuschaffen, wodurch Leckagen leichter zu finden seien. Etwa 70 Prozent des Trinkwassers gewinne die Gemeinde selbst aus einem Stollen, acht Tiefbrunnen und vier Schürfungen. Der Rest komme von den Wasserbeschaffungsverbänden Tenne und Wilhelmsdorf, also auch aus ortsnahen Gewinnungsanlagen. „Wir beziehen kein Fremdwasser, da sind wir ein bisschen stolz drauf“, hob Esser hervor. Die neue Ringleitung zwischen Neuweilnau und Altweilnau ermögliche es, im Bedarfsfall Wasser umzuverteilen. Im nächsten Schritt sollen etwa eine Million Euro in eine Verbindung zwischen Emmershausen und Hasselbach investiert werden. Wenn dann noch die Ringleitung zwischen Emmershausen und Gemünden oder eine Verbindung zwischen Gemünden und Niederlauken geschaffen sei, sei der Ring zu drei Vierteln geschlossen. Außerdem habe die Kommune jetzt ein Gerät zur Leckageortung angeschafft, mit dem es gelungen sei, ein Leck zu finden, das schon vier Jahre lang gesucht worden sei. „Die Weilroder Bürger sind sehr bewusst mit dem Lebensmittel Trinkwasser umgegangen“, sagte er und sprach seinen Dank dafür aus. Dr. Mittelbach der seit etwa 30 Jahren im HLNUG für den Hochtaunuskreis zuständig ist, ging kurz und in verständlichen Worten auf die Geologie des Taunus ein. Das Rheinische Schiefergebirge mit dem Taunus sei aus Ablagerungen eines Meeres entstanden, das vor etwa 450 bis 500 Millionen Jahren hier die Erde bedeckte. Durch die Kontinentaldrift sei dann das Gebiet angehoben und zusammengepresst worden, sodass aus den Ablagerungen ein sehr dichtes, feinkörniges Gestein entstand. Dieses Gestein sei wasserundurchlässig und könne kein Wasser speichern. Durch den Druck seien zwar Risse entstanden, die aber eben durch den Druck geschlossen seien. Doch senkrecht zum Druck sei ein anderes Risssystem entstanden, das offene Klüfte bilde. Und in diesen Klüften könne Wasser fließen. „Das Dilemma ist, zehn Meter daneben ist nichts zu finden“, so Mittelbach. Dann ging der Hydrogeologe auf die Grundwasserneubildung ein. Diese finde in den Sommermonaten nicht statt, da die Pflanzen das meiste Regenwasser aufnähmen. Und auch in den Wintermonaten müssten bestimmte Verhältnisse vorliegen, damit Grundwasserneubildung stattfinde. „Ideal ist drei Monate fieser Landregen“, schmunzelte er. Bei Starkregen oder auch Schnee auf gefrorenen Boden, gelange kein Wasser in die Grundwasserleiter. Außer den Klüften gebe es noch Bereiche mit Hangschutt aus verwittertem Gestein, in dem es den so genannten Interflow gebe, eine Art oberflächennahes Grundwasser. „Neue Standorte für Brunnen zu finden ist nicht so einfach“, betonte Mittelbach, denn die meisten würden schon genutzt. So würden neue Brunnen gegebenenfalls nur andere alte Brunnen schwächen, da sie die gleiche Kluft nutzten. Als Möglichkeiten für die Zukunft nannte er die Reaktivierung alter Anlagen, was heute durchaus wirtschaftlich sein könne, eine Neukonzeption der Verteilung, die Brauchwassernutzung und das Wassersparen. Dr. Hans-Otto Wack wagte einen Blick in die Zukunft und mahnte, dass Investitionen, die heute getätigt würden, für die nächsten 80 bis 100 Jahre Bestand hätten. Wie es beispielsweise bei der Fernwasserleitung aus dem Vogelsberg nach Frankfurt sei, die 1878 gebaut wurde. 1873 sei nach einer Cholera-Epidemie in Frankfurt ein Beschluss gefasst worden, dies zu tun. Dabei sei Frankfurt ein wasserreiches Gebiet mit Main, Nidda und hoch anstehendem Grundwasser. „Warum bedient sich Frankfurt aus fremdem Naturraum?“, stellte Wack in den Raum. Dies sei ein Anachronismus. Hier im Taunus seien die Verhältnisse anders, hier gebe es wenig Grundwasser. Und Grundwasserneubildung erfolge nicht bei Starkregen, die immer häufige vorkämen. Jahrhundertregen würden mittlerweile alle drei bis zehn Jahre vorkommen. Durch die Erwärmung gebe es eine verstärkte Verdunstung und damit stärkere Wolkenbildung. Bei den Starkregen gebe es praktisch keine Vorwarnzeiten für Hochwasser. Außerdem würden dabei viele Tonnen von Oberboden abgeschwemmt. Was wiederum den Teufelskreis Erosion in Gang setze. Ausgetrocknete Böden könnten außerdem kein Wasser aufnehmen. „In diesen Böden ist das Bodenleben kaputt“, betonte er. Und das Bodenleben sorge dafür, dass der Boden offen für die Versickerung von Niederschlägen bleibe. Die Böden, wie wir sie heute kennen, hätten sich seit der jüngsten Eiszeit gebildet, was nun auch schon über 10 000 Jahre her sei. Solange brauche ein Boden um sich zu bilden. Einen kurzen Abstecher machte Wack zu den Mooren, die die wesentlichen CO2- und Methan-Speicher auf der Erde seien. Auch eine künftige Süd-Nord-Wanderung aus unbewohnbar werdenden Gebieten wie Südeuropa oder Nordafrika riss er kurz an. „Grüne Wände“ zur Kühlung von Städten seien zwar gut und schön, aber ohne stimmiges Wasserkonzept nicht sinnvoll. Als eine Lösung regte er an, ein doppeltes Leitungssystem in Neubauten vorzusehen, getrennt nach Trinkwasser und Brauchwasser. In eine Zisternensatzung müsste aufgenommen werden, das dort aufgefangene Wasser auch zwingend zu nutzen. Und hinzu kämen Vorgaben zum Wasserrecycling, manches Wasser könne doppelt genutzt werden und aus Abwasser Wärme gewonnen werden. Aber selbst Plumpsklos konnte er Positives abgewinnen, denn die Phosphorvorräte auf der Erde gingen zur Neige. Und Phosphor sei für die Düngung landwirtschaftlicher Flächen zwingend nötig. Dünger könne aber auch aus den menschlichen Hinterlassenschaften gewonnen werden. Trinkwassergewinnung könne aber mittlerweile auch aus Oberflächengewässern erfolgen, wie es schon beim Kinzig-Stausee gemacht werde. „Wir müssen davon wegkommen, Wasser als Handelsware anzusehen“, mahnte er. Abschließend wies er auf den Zukunftsplan Wasser Hessen hin, an dem er mitgearbeitet hat. Die Zuhörer hatten schon nach jedem Vortrag Verständnisfragen gestellt. Jetzt nach allen Vorträgen kam eine kurze Diskussion in Gang, die aufgrund der späten Stunde nicht allzulange ausuferte. sn